BeauCyphre [2012-03-19 08:27:53 +0000 UTC]
Schon gestern musste ich spontan in The Manhattan Universe etwas loswerden:
Als ich Doltschin - Die anderen Seiten der Wirklichkeit geschrieben habe, wusste ich, dass die Welt der Doltschins etwas Besonderes und die Geschichte etwas Lebendiges ist. Ich ahnte nicht, dass diese Welt so lebendig werden würde, dass sie auch andere Menschen so sehr in ihren Bann ziehen könnte wie hier die wunderbare Eileanora Eibhlin, die ihren ganz eigenen Zugang zum Dschungel findet.
Und obwohl es nur wenige Sätze waren, war es das Entscheidende: Wenn ich mich auf eine Welt einlasse, die ein anderer zuvor bereist hat, muss ich meinen eigenen Zugang finden. Ich darf nicht ausschließlich die gleichen Pfade betreten, sondern muss mir einen neuen Weg durchs Dickicht des Dschungels bahnen, um neue Lichtungen zu betreten und Aussichten zu erschließen, die zuvor unbekannt waren.
In diesem Stadtzoo hast du ein neues Portal gefunden, und wenn eines die Welt der Doltschins ausmacht, dann sind es diese Portale, diese Schnittstellen zwischen den Welten, die das Reisen ermöglichen.
Wenn man eine solche Reise antritt, geht sie sowohl nach außen als auch nach innen, und ich glaube, du hast das von Anfang an gespürt:
"Da war etwas in dem Grün seiner stechenden Augen.
Etwas, das mit unserer beschränkten Logik nicht zu begreifen und mehr ein Gefühl war, als dass ich es richtig sah.
Wenn ich zurückdenke, würde ich es als eine Art Fluktuieren beschreiben, das nichts mit Spiegelungen oder dergleichen zu tun hatte
und einen Tick zu stark, um es als Einbildung abtun zu können.
Die Hitze, erklärte ich mir selbst. Die Hitze die Hitze die Hitze... und gleichzeitig wusste ich, dass ich mir etwas vormachen wollte
(worin ich übrigens noch nie besonders gut gewesen war).
Mir wurde unbehaglich zumute.
Ich war drauf und dran mich abzuwenden, meinen Kopf einzuziehen und mich unter das umher staksende Volk zu mischen.
Reiner Primaten-Instinkt (die mutigsten waren sie ja nicht gewesen...).
Aber er hielt mich allein durch seinen Blick fest.
Provokant. Fordernd.
Ich war gezwungen, näher an ihn heran zu treten.
Da war es wieder!
Diesmal schienen sich Formen auf dieser kleinen Fläche seines Augapfels zu bilden.
Als würde man durch einen dichten Nebel gehen, lichtete sich langsam das Bild, wurde deutlicher, dann kurz wieder verhangen, wie bei einer Fotolinse, die sich scharf stellte.
Es klingt vielleicht verrückt, aber ich meinte Blätter erkennen zu können.
Ihr hypnotisches Versteckspiel verbarg etwas vollkommen vergessenes."
Was die Welt der Doltschins der unseren sehr ähnlich macht und das Reisen überhaupt erst ermöglicht, ist die Tatsache, dass in dieser Welt wie in uns selbst Welten über Welten aufgetürmt sind und dass in uns selbst das liegt, was ich inzwischen The Skeleton Keys nenne: Eine uns angeborene, in uns fest verankerte Magie, die es uns ermöglicht, sämtliche Portale zu öffnen - sofern wir es wagen, dies zu tun und...hindurch zu treten. Denn andere Welten bringen immer andere Bestien hervor, und wirklich vertraut sind wir nur mit denen, denen wir alltäglich begegnen. Aber was für eine Chance, wirklich Neues kennen zu lernen!
Was für eine Chance, die Liebe auf eine völlig neue Art zu erleben, so, dass sie einem nicht nur bildlich, sondern wirklich vollkommen den Atem nimmt!
"Es war vor zehn Tagen gewesen, als ich wie jeden Morgen an der Bushaltestelle stand.
Einer dieser kalten und nebligen Novembertage, die das Blut zähflüssig machen und diese seltsame, kribblige Spannung in der Kopfhaut erzeugen. Ich hatte einen langen und langweiligen Arbeitstag vor mir, als der Bus hielt und ich durch die Hydraulik der sich öffnenden Türen aus meinen Gedanken hochschreckte.
Sie trug einen blauen Regenmantel und ich war sicher, dass sie darunter nackt war. Als sie mich anlächelte, konnte ich nicht das Geringste dagegen tun: Die Tränen schossen mir in die Augen und ich konnte sie durch den Schleier nur noch undeutlich erkennen. Ihre Hand berührte sanft meine Schulter.
"Keoma...", sagte sie leise.
Hier war ich mein ganzes Leben lang Ken, und wenn ich meinem Verstand glauben wollte, war ich nur drei Stunden meines Lebens – drei Stunden von vierzig Jahren – Keoma gewesen.
Das Gefühl, in einen tiefen Schacht zu fallen, während sich die Zeit um mich herum verdichtete und meinen Fall genauso auffing wie sie meine Bewegungen verlangsamte, wurde übermächtig. Doch ich stand da, und ein Wesen aus einem lange zurückliegenden Traum sprach mich mit meinem einzigen Namen an, dem einzigen, der für mich zählte - und beinahe augenblicklich sah ich Dinge, die ich lange vergessen zu haben glaubte, lebendige Bilder eines wilden, ungezähmten Landes.
Mein Blick klärte sich, und ich nahm die ungläubigen Blicke der Passanten wahr, die die seltsame Reaktion des älteren Herren angesichts des jungen Mädchens verstohlen beobachteten. Tania sah aus wie damals, als ich sie das erste Mal auf Island gesehen hatte: Die Zeit war spurlos an ihr vorbeigegangen, während ich wohl um mehr als zwanzig Jahre gealtert sein musste.
"Du erinnerst dich also noch an mich – obwohl du wohl kaum an meine Rückkehr geglaubt hast."
Sie strich mit ihrer Hand durch mein Haar, spielte mit den Fingern in meinem Nacken.
"Du hast dich verändert."
Ich war unfähig, mich zu bewegen oder auch nur irgendetwas zu entgegnen, war wie vom Schlag gerührt. Sie beugte sich dicht zu meinem Ohr und flüsterte:
"Wenn du bereit bist, kommst du, ja?"
Ich spürte ihre Lippen auf meinem Mund, und ihre Zunge drang warm und zart ein wie der flatternde Flügel eines Schmetterlings. Tania löste sich und verschwand in der Menge, bevor ich mich aus meiner Starre befreien konnte. Es war, als wäre sie nie dagewesen.
Doch als ich bereits an meinem Erlebnis zweifeln wollte, konnte ich sie ganz deutlich in mir hören:
"Du kennst den Weg, Keo..."
Alles, was dann geschah, weißt du bereits, Peter.
Nun aber schließt sich der Kreis. Ich fühle es ganz deutlich. Von Anfang an hat es so sein müssen..."
Du bist angekommen in einer unglaublichen, unvergesslichen Welt, und ich wundere mich nicht, dass du es bist, die den Faden aufgenommen hat.
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